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Tourenplanung

Die Planung von Touren spielt eine entscheidende Rolle bei der Risikobewertung, da sie es ermöglicht, das geeignete Ziel entsprechend den aktuellen Bedingungen auszuwählen - dies bildet die Grundlage für eine sichere Tour.
Wer eine Tour plant, muss Einiges beachten. Die Vorbereitungsphase zu Hause basiert größtenteils auf Annahmen und Fremdinformationen, daher müssen die erwarteten Verhältnisse immer vor Ort mit den tatsächlichen Gegebenheiten verglichen werden und mögliche Anpassungen vorgenommen werden.

Das Lawinenrisiko für eine sichere Tourenplanung hängt von den Wetter- und Lawinenverhältnissen, vom Gelände und vom eigenen Verhalten ab. Mit dem Basiswissen zu den folgenden Faktoren können bereits einfache Touren geplant werden und das Verhalten während einer Tour an die aktuelle Lawinensituation angepasst werden.

Faktor Gelände

Exposition und Höhenlage

Lawinenhänge sind häufig durch Schatten, viel Triebschnee und der Nähe zum Kamm gekennzeichnet. Die Verhältnisse werden oberhalb der Waldgrenze deutlich kritischer aufgrund der Windstärke, der abnehmenden Temperatur und der zunehmenden Niederschlagsmenge. Im Lawinenlagebericht finden sich die aktuellen Gelände, welche besonders betroffen sind.

Hangneigung

Grundsätzlich gilt, dass ein Lawinenabgang ab einer Hangneigung von 30 Grad möglich ist. Je steiler der Hang, desto gefährlicher ist er. Das Risiko kann durch die Betrachtung der Hangsteilheit in Kombination mit der Lawinengefahrenstufe eingeschätzt werden. Mit welchen Hilfsmitteln du die Hangneigung messen kannst, erfährt du hier.

Faktor WEtter

Wie ist der aktuelle Wetterbericht für den Tag der Tour (Neuschneemenge, Wind, Temperatur)? Wie war das Wetter die Tage zuvor?

  • Wind, früher oft als „der Baumeister der Lawinen" bezeichnet, verfrachtet Schnee und bildet „Schneebretter"
  • Regen und Neuschnee steigern immer die Lawinengefahr
  • Als extrem gefährlich zählt der erste schöne Tag nach Schneefall
  • Neue Triebschneeablagerungen durch Wind gelten als besonders leicht auslösbar
  • Extreme Temperatursteigerungen sowie starke Sonneneinstrahlung erhöhen die Lawinengefahr
  • Schlechte Sicht (Nebel) erschwert die Beurteilung

Faktor teilnehmer und Ausrüstung

Eine Lawinenverschüttung ist in den meisten Fällen kein Zufall. Spontane Lawinen (ohne menschliches Mitwirken) sind nur für knapp fünf Prozent der Verschüttungen verantwortlich. Das eigene Verhalten sowie das Verhalten der Begleitpersonen haben einen beträchtlichen Einfluss auf das Risiko.

Gruppengröße
Je mehr Teilnehmer, desto größer ist auch das Risiko einer Lawinenauslösung.

  • Größere Belastung der Schneedecke
  • Größere Wahrscheinlichkeit einer Auslösung (mehr Spuren bei der Abfahrt)
  • Langsamere Entscheidung und Umsetzung von Maßnahmen
  • Schwierigere Kommunikation
  • Risikoreicheres Verhalten durch falsches Sicherheitsgefühl

Ist die ausgewählte Tour und Planung für alle Beteiligten in Ordnung? Sind die Teilnehmer der Tour gewachsen? Weiß jeder, was ihn auf der Tour erwartet?

Kompetenz

Bei der Tourenplanung muss jedes Gruppenmitglied miteinbezogen werden. Die Tour sollte konkret auf die Bedürfnisse und das Können der Gruppe abgestimmt sein. Somit sollte im Gedächtnis sein: eine Gruppe ist nur so gut wie das schwächste Mitglied. Zudem sollte eine klare Rollenverteilung getroffen werden, um Entscheidungsprozesse zu beschleunigen. Hilfreich ist auch jemanden zu bestimmen, der die Verantwortung übernimmt sowohl bei der Planung wie auch vor Ort.
Keiner möchte mit dem schlimmsten rechnen, dennoch sollte man die Möglichkeit einer Lawine immer im Hinterkopf halten. Aus diesem Grund sollte jeder in der Gruppe über das richtige Verhalten in den Bergen sowie bei einem Lawinenabgang Bescheid wissen

Ausrüstung

Gute Ausrüstung alleine verhindert noch keinen Lawinenunfall, allerdings können dadurch die Überlebenschancen bei einer Verschüttung extrem erhöht werden. Die Rettung bei einem Lawinenunfall ist ein Wettlauf gegen die Zeit, wobei die Kameradenrettung eine sehr große Bedeutung hat. Deshalb sollte JEDER Teilnehmer die komplette Standard-Notfallausrüstung dabei haben.

Diese besteht aus:

  • 3-Antenen-LVS-Gerät
  • Sonde
  • Metallschaufel
  • Erste Hilfe Set

Das LVS (Lawinen-Verschütteten-Suchgerät) sollte während der Tour immer auf „Senden“ gestellt (Funktionskontrolle) sein und am Körper getragen werden. Je nach Situation ist es empfehlenswert diese Notfallausrüstung zu ergänzen (Harscheisen, Steigeisen, Pickel, Seil).

Der Lawinen-Airbag verringert die Verschüttungstiefe und dient als zusätzliches Markierungsmittel.

Wegzeit Berechnung

Bei Touren in den Bergen ist die Berechnung der Wegzeit essenziell, besonders im Spätwinter wenn sich die Temperaturen über den Tag hinweg verändern können und dadurch die Verhältnisse stark variieren. Während der Tour sollte man stets überprüfen ob man noch im geplanten Zeitplan liegt oder eine Abkürzung bzw ein Abbruch der Tour notwendig sind. Weg-Zeit-Diagramme oder Distanz-Höhenmeter-Diagramme helfen bei der Visualisierung einer Route.

Rollende Planung

„Rollende Planung“ bedeutet, dass man ständig das Geplante mit der Realität vor Ort abgleicht.
Passt die Planung zu den tatsächlichen Verhältnissen, zum zeitlichen Verlauf der Tour, zur Gruppe? Die Tourenplanung muss laufend überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Risikoreduktion - GKMR Methode

In den letzten Jahren galt die Steilheit eines Hanges in Kombination mit der Gefahrenstufe als entscheidende Größe zur Beurteilung der Lawinengefahr. Allerdings gibt es jedes Jahr Lawinenereignisse, welche anhand dieser Herangehensweise nicht hätten passieren dürfen. Ben Reuter vom SLF und Chris Semmel vom VDBS haben auf Grundlagen neuester Statistiken die Betrachtungsweise auf andere Faktoren gelegt. Nach wie vor gilt die 30 Grad Grenze – unterhalb von 30 Grad gibt es keine Lawinen (mit Berücksichtigung der Einzugsbereiche). Heutzutage weiß man, dass bei Lawinenwarnstufe 2, 3 und 4 Schneebrettlawinen exakt die gleiche Steilheiten-Verteilung aufweisen. Schnee rutscht ab 30 Grad und am häufigsten bei 38,7 Grad – unabhängig von der Gefahrenstufe. Auch der Einzugsbereich (Beurteilungsradius) hängt nicht von der Gefahrenstufe, sondern von der Schneedecke ab.
Das neue Schema von Semmel und Reuter lautet: G -> K -> M < = > R

G: Gefahr erkennen und deren Eintrittswahrscheinlichkeit bewerten

K: Konsequenzen abschätzen

M: Maßnahmen ergreifen

R: Risiko bewerten

Diese Methode kann sowohl bei der Tourenplanung, wie auch bei der Entscheidung im Einzelhang herangezogen werden. Neu dabei ist, dass bereits in der Planung auch die Konsequenzen, die ein Lawinenabgang haben würde, eingeschätzt und in den ganzen Planungsprozess miteinbezogen werden. Denn das Lawinenrisiko setzt sich immer aus der Auslösewahrscheinlichkeit und den Konsequenzen zusammen.

Am Anfang jeder Planung steht nach wie vor der Lawinenlagebericht. Doch wichtiger als die Warnstufe sind die Informationen zum Lawinenproblem. Mittlerweile werden die Lawinenprobleme in allen Lawinenlageberichten benannt und durch Symbole visualisiert.